25.10.2007  Maurice Ravel  "Ma mère lLoye"
  
 
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Maurice Ravel (1875-1937) war einer der impressionistischen Komponisten.
Er hat von 1908 bis 1910 für zwei Kinder einer befreundeten Familie, Mimie und Jan Godebski,
fünf kleine vierhändige Stücke geschrieben.
Da sie auf verschiedenen Märchen basieren, heißt diese Stückesammlung
"Ma mère lLoye - Cinq pièces enfantines"
(= Meine Mutter, die Gans - Fünf kleine Stücke für Kinder).

Alle fünf Stücke haben eigene Titel, die das ursprüngliche Märchen bezeichnen:
Sie heißen "Pavane de la Belle au bois dormant" (= Pavane von Dornröschen),
"Petit Poucet" (= Der kleine Däumling),
"Laideronnette, Impératrice des Pagodes" (= Laideronnette, die Kaiserin der Pagoden),
"Les entretiens de la Belle et de la Bête" (= Die Dialoge der Schönen und des Biests) und
"Le jardin féerique" (= Der Feengarten).
Ravel hat sie 1911 orchestriert und zu den Stücken noch "Prélude", "Danse du rouet et scène" und
drei "Interludes" geschrieben und so eine Ballett-Musik daraus gemacht.

Das erste Stück ist ein Wiegenlied.MUSIKBEISPIEL
Das ursprüngliche Märchen ist "La Belle au bois dormant" (= Dornröschen) von Charles Perrault.
Ravel hat den hundertjährigen Schlaf einer Prinzessin durch eine ruhige Pavane dargestellt.
Die Melodie, die zuerst vom Secondo-Spieler, dann vom Primo-Spieler gespielt wird,
und bei der Orchesterfassung von einer Querflöte und Klarinette abwechselnd gespielt wird,
sollte
einen klaren, jedoch weichen Klang haben, was die schlafende junge Prinzessin versinnbildlicht.

In das zweite Stück hat Ravel in die Noten ein Zitat aus Charles Perraults "Le Petit Poucet"
(= Der kleine Däumling) geschrieben:
"Däumling steckte Brot ein und streute davon Krümel auf den Weg in der Meinung,
ihn dadurch wieder zu finden.
Doch fand Däumling ihn nicht mehr, die weil die Vögel alle Krümel aufgefressen hatten."
In diesem Stück laufen zwei Reihen von Achtelnoten parallel, die Däumling zeigen,
wie er sich im Wald verlaufen hat.MUSIKBEISPIEL
Sie sollten diffus und ängstlich gespielt werden, z. B. mit dem una-corda-Pedal.
Das Zwitschern der die Krümchen auffressenden Vögel (in Takt 51 bis 54) wird
in der Original-Fassung vom Primo-Spieler in sehr hoher Lage und
beim Orchester von Geigen ohne Dämpfer und Querflöten gespielt.MUSIKBEISPIEL

Das ursprüngliche Märchen des dritten Stückes ist "Le Serpentin vert" (= Die grüne Schlange)
von Madame dLAulnoy (Marie-Catherine dLAulnoy).
Dazu hat Ravel in die Noten ein Zitat geschrieben:
"Die Kaiserin zog sich aus und nahm ein Bad.
Sofort haben die Pagoden angefangen zu singen und Instrumente zu spielen:
Dies hatten die Theorben aus der Walnußschale und die Fideln aus der Manderschale,
denn sie mussten gut die Instrumente ihrer Größe anpassen."

Das Stück ist für den Primo-Spieler lustig, weil er nur mit schwarzen Tasten spielt.
Die pentatonische Melodie ist von chinesischen Puppen "Pagode" inspiriert.MUSIKBEISPIEL

Auch in das vierte Stück hat Ravel in die Noten ein Zitat geschrieben:
""Wenn ich an Ihr gutes Herz denke, kommen Sie mir nicht so häßlich vor."
"Oh! Wahrlich, ja! Ich habe ein gutes Herz, aber ich bin ein Ungeheuer."
"Es gibt viele Männer, die ärgere Ungeheuer sind als Sie."
"Wenn ich Geist hätte, so würde ich Ihnen ein großes Kompliment machen,
um mich bei Ihnen zu bedanken, aber ich bin nur ein Biest."
...
"Schöne, wollen Sie meine Frau werden?"
"Nein, Tier!"
...
"Ich sterbe zufrieden, weil ich das Vergnügen habe, Sie noch einmal wiederzusehen."
"Nein, mein liebes Tier, Sie sollen nicht sterben: Sie sollen leben, um mein Ehegatte zu werden!"
...Das Biest war verschwunden, und sie sah nur einen Prinzen, schöner als Amor selbst,
zu ihren Füßen, welcher ihr dankte, seine Verzauberung beendet zu haben."

Dieses Stück hat er auf "La Belle et la Bête" (= Die Schöne und das Biest)
von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont komponiert.
Es besteht aus zwei wichtigen Motiven, dem Motiv der Schönen und dem der Bestie.
Zuerst erscheint eine ruhige Melodie mit Walzer-Begleitung (die Schöne).MUSIKBEISPIEL
Dann kommt das dissonante Motiv des Biests in der tiefen Lage (im Takt 49).MUSIKBEISPIEL
Beide Motive begegnen sich (im Takt 69) MUSIKBEISPIEL und ein Dialog fängt an (im Takt 106).MUSIKBEISPIEL
Am Ende verwandelt sich das Biest in einen Prinzen (im Takt 146):
Der Primo-Spieler spielt ein Glissando über drei Oktaven.MUSIKBEISPIEL

Beim letzten Stück wacht die Prinzessin aus ihrem hundertjährigen Schlaf auf.
Dies zeigt Ravel durch Glissandi des Primo-Spielers und
so tritt diese kleine Stückesammlung in das prächtige Finale ein.MUSIKBEISPIEL

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